Marc Bleiker

Skirennfaher mit Herz und Seele

Wenn Marc Bleiker eine Skipiste hinunterflitzt, würde man kaum erahnen, dass der junge Mann stark sehbehindert ist. Im «Schatten» eines professionellen Vorfahrers schlängelt er sich gekonnt durch den Stangenwald, und das in einem Tempo, das längst nicht jeder sehende Skifahrer draufhätte. Tönt alles locker und einfach? Ist es aber nicht. Für alles, was der sehbhinderte Marc Bleiker erreicht, muss er einen enormen Effort leisten.

«Ich bin ein Kämpfer – sowohl privat als auch im Sport.»

Spricht man mit Marc Bleiker (20 Jahre), hört man sofort heraus: Dieser junge Mann hat Energie, ist ein Kämpfer und dazu ein Optimist. Von seiner Sehbehinderung lässt er sich nicht behindern.

Marc Bleiker hat seit seiner Geburt eine starke Sehbehinderung. Er ist mit dem grauen Star zu Welt gekommen. Kaum zwei Monate alt, mussten ihm bereits seine Linsen entfernt werden. Aber es kam noch schlimmer. Nach dem grauen Star hat sich nach und nach auch noch der grüne Star entwickelt. Um möglichst lange einen Sehrest zu erhalten, wurde der grüne Star bereits 27-mal operiert. Heute sieht Marc noch etwa 2,5% auf dem linken Auge und rund 1% auf dem rechten – Tendenz sinkend.

Familie ist eine wichtige Stütze.

Marc Bleiker: «Klar gibt es auch in meinem Leben immer wieder Hürden, die andere nicht kennen. Denn selbst für kleine, banale Alltagsdinge bin ich auf Unterstützung angewiesen. Aber ich habe auch das Glück, in einer intakten Familie aufgewachsen zu sein. Mutter, Vater und oft auch mein Bruder stehen mir zur Seite und unterstützen mich, wo sie können.» Aber deswegen lässt sich Marc nicht einfach «bedienen », im Gegenteil, er ist ein Mann der Tat. Obwohl ihm nichts geschenkt wurde, hat er mit Extrafleiss und Ehrgeiz bisher all seine Ziele erreicht. Wie all seine Gspänli im Ort ist er in die Regelschule gegangen und hat später erfolgreich die Lehre als Kaufmann abgeschlossen. Marc: «Ja, ich musste schon oft in meinem Leben kämpfen. Aber es war mir einfach wichtig, niemals anders behandelt zu werden.»

Trotz Sehbehinderung hat Marc schon früh zum Sport gefunden. Bereits mit drei Jahren stand er auf den Ski und ist auf der Wiese bei ihm zu Hause durch den Schnee geflitzt. Und die Liebe zum Skifahren und zum Schnee ist geblieben. Zwar geht er auch gern joggen und wandern, aber der Skisport ist zu seiner ganz grossen Leidenschaft geworden.

«Klar gibt es auch in meinem Leben immer wieder Hürden, die andere nicht kennen.»

Plötzlich war dieser Wunsch da.

«Lange Zeit war das Skifahren für mich ein Hobby. Meine Eltern haben mich die Piste runtergelotst und wir hatten beim Fahren einfach unseren Spass», erzählt Marc. «Aber dann, mit 17, als ich ins Wettkampfalter kam, hat es bei mir plötzlich klick gemacht. Ich habe das rennsportmässige Skifahren bei PluSport entdeckt und bin voll darauf abgefahren. Ohne zu zögern, habe ich mich sofort für alle Trainings und Wettkämpfe in der Saison angemeldet.» Wie so vieles, was Marc anpackt, ist auch das Skifahren von Erfolg gekrönt. Heute gehört er dem Nachwuchskader des Ski-Teams von Swiss Paralympic an und fährt wettkampfmässig Slalom und Riesenslalom. Nur – wie fährt man eigentlich als blinder Mensch überhaupt Ski? Dazu Marc: «Ohne einen professionellen Guide – eigentlich ein Vorfahrer im wahrsten Sinne des Wortes – geht gar nichts. Er fährt in einer orangen Leuchtweste des SZBLIND voraus und gibt mir per Funk laufend die entsprechenden Anweisungen. So lotst er mich vom Start bis ins Ziel.»

Fast schwieriger als eine Slalomfahrt ist für Marc die Anfahrt ins Skigebiet. Eine Reise mit Sack und Pack, seinen Ski und dem weissen Stock des SZBLIND von seinem Wohnort Herisau zum Beispiel nach Saas-Fee muss gut geplant sein. Damit Marc und andere Menschen mit Sehbehinderung ihren Weg mit dem weissen Stock finden, bildet der SZBLIND Orientierungs- und Mobilitätstrainer/-innen aus. Sie leiten betroffene Menschen an und trainieren auch die Verwendung von Apps für die Orientierung. Auch Marc verwendet solche Apps. Mithilfe des weissen Stocks und umsichtiger Mitmenschen gelingt es Marc, den Weg ans Ziel zu finden. Allerdings kann er nicht ganz immer auf die Hilfsbereitschaft anderer Menschen zählen.

Nehme mein Leben selbst in die Hand.

«Letzten Winter war ich mit den Ski und einem grossen Koffer im Zug unterwegs, als mich ein Fahrgast aufforderte, endlich vorwärtszumachen. Obwohl meine Paralympia-Jacke gut sichtbar war, hatte der Mann keinerlei Verständnis für meine Behinderung. Solche Episoden ärgern mich, weil ich mir immer alle Mühe gebe, für meine Mitmenschen nicht zum Hindernis zu werden. Zum Glück passieren solche Vorfälle nur ganz selten.» Dass es Marc mit dem Skirennfahren ernst ist, zeigt sein Engagement. Obwohl er regulär als kaufmännischer Angestellter arbeitet, trainiert er rund elf Monate im Jahr. Vor allem im Skigebiet von Saas-Fee ist er auch im Sommer oft anzutreffen. Denn Marc will definitiv hoch hinaus. Sein Ziel ist es, vom Europacup in den Weltcup zu wechseln und 2026 an den paralympischen Winterspielen in Cortina d’Ampezzo für die Schweiz an den Start zu gehen. Die Chancen dafür stehen gut, hat Marc in der letzten Saison innerhalb nur einer Woche doch gleich vier Medaillen rausgefahren.

50 Franken für ein Training mit dem weissen Stock um selbstständig den Bahnhof zu finden.

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