Orientierung

Sehbehinderte Personen haben grosse Mühe, Trottoir, Strassenkreuzungen, Verkehrsampeln oder Geschäfte zu erkennen und Strassenschilder oder Fahrpläne zu lesen. Blinde Menschen können diese Orientierungshilfen überhaupt nicht wahrnehmen. Trotzdem ist es für beide Gruppen möglich, sich in der Öffentlichkeit und als Fussgänger  relativ sicher und selbstständig zu bewegen. Zur Unfallverhütung gehören aber immer auch die Aufmerksamkeit und Hinweise sehender Menschen.

Der weisse Stock

Der weisse Stock ist sozusagen der verlängerte Zeigefinger einer blinden oder stark sehbehinderten Person. Mit dem Stock tastet die Person den Boden mit systematischen Pendelbewegungen kontinuierlich ab und kann so Hindernisse, Unebenheiten, Stufen und Schwellen rechtzeitig erkennen. Durch das Aufschlagen am Boden sendet der Stock auch Informationen über die Bodenbeschaffenheit, und via Raumklang und Echo auch Informationen über die Topographie der näheren Umgebung. Für den Gebrauch eines Langstocks ist das Training mit einer Fachperson zwingend von der IV vorgeschrieben; denn die Techniken müssen gelernt und die Orientierung trainiert werden.

Den weissen Stock gibt es neben der Ausführung als Langstock auch als kurzen Signal- oder Gehstock. Er zeigt immer an, dass eine Person sehbehindert oder blind ist, und bietet Schutz vor Gefahren: Hindernissen auf dem Gehweg, unerwarteten Baustellen oder falsch parkierten Fahrzeugen.

Achtung: Personen mit Weissem Stock ist immer Vortritt zu gewähren!

Möchte eine Person mit weissem Stock die Fahrbahn überqueren und ist kein Zebrastreifen in der  Nähe, hält die Person den Stock senkrecht mit ausgestrecktem Arm vor sich. Dies ist das Zeichen für Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer, anzuhalten und die Person die Strasse überqueren zu lassen.

Den Weg muss eine blinde oder sehbehinderte Person natürlich selbst kennen. Dabei helfen zahlreiche Merkpunkte und Elemente, die nicht bloss den taktilen Bereich beinhalten, sondern auch Düfte und Geräusche. Erkunden blinde oder sehbehinderte Menschen eine neue Umgebung, vermitteln Ihnen Geräusche und neue Düfte ein konkretes Bild der Umgebung.

Der Blindenführhund

Ein Blindenführhund erleichtert blinden und sehbehinderten Menschen die Orientierung und ist ein treuer Gefährte. Das halten eines Blindenführhundes erfordert aber auch ein hohes Mass an Zuwendung und Pflege. Jeden Tag und bei jedem Wetter muss man mit dem Blindenführhund zwei bis vier Stunden arbeiten. Gleichzeitig sorgt der Blindenführhund für viele soziale Kontakte. In der Schweiz haben etwa 250 blinde, sehbehinderte und taubblinde Menschen einen Blindenführhund.

Die Ausbildung und Betreuung eines Blindenführhundes kostet rund CHF 60’000.- . Blindenführhunde werden von der IV bei den Führhundeschulen gemietet und den blinden Personen kostenlos für den Einsatz abgegeben.

Die blinde Person kommuniziert mit dem ausgebildeten Führhund über rund 30 Hörzeichen (Kommandos). Um Verwechslungen zu vermeiden, und wegen des klaren Wortklangs, sind diese Befehle der italienischen Sprache entnommen.

Diese Befehle kommen auch im Fussverkehr zum Einsatz, beispielsweise beim Überqueren einer Strasse mit Lichtsignal. Der Blindenführhund weiss nicht, ob eine Ampel auf rot oder grün steht, da die blinde oder sehbehinderte Person ihm das Kommando zum Überqueren geben muss. Aus diesem Grund setzen sich Blinden- und Sehbehindertenorganisationen für akustische Signale und Zusatzgeräte bei Fussgängerampeln ein!

Wenn Sie selbst eine Person mit einem Blindenführhund treffen und mit dem Hund Kontakt aufnehmen wollen, fragen Sie die blinde Person um Erlaubnis. Die Arbeit des  Blindenführhundes erfordert hohe Konzentration und er darf dabei nicht abgelenkt werden.

Orientierung und Mobilität

Damit sich blinde und sehbehinderte Personen in ihrer gewohnten Umgebung gefahrlos und möglichst selbstständig fortbewegen können, gibt es spezielle Schulungen und Unterricht: Sogenannte Orientierungs- und Mobilitäts-Lehrerinnen und –lehrer (O&M-Lehrerinnen und -Lehrer) vermitteln blinden und sehbehinderten Personen entsprechende Grundfertigkeiten, Umweltwissen und Strategien. Der Unterricht passt sich an das vorhandene Sehvermögen an und bezieht Bedürfnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten von betroffenen Personen mit ein. Auch der Einsatz und Umgang von Orientierungs- und Mobilitätshilfen und spezifischen Hilfsmitteln wie dem weissen Stock wird geschult. Zum O&M-Unterricht gehören die Schulung einer „sehenden“ Begleitung, Fortbewegung ohne Hilfsmittel, Körperschutztechniken und Training der anderen Sinne. Meist beginnt das Training in einem ruhigen Wohngebiet, erstreckt sich dann auf kleinere Einkaufsviertel und öffentliche Verkehrsmittel und umfasst schliesslich auch Stadt, Land und komplexe Gebäude.

Rehabilitation in O&M ist für Menschen aller Altersstufen und Schweregrade der Sehbehinderung möglich: Geburts- oder spät erblindete, aber auch hochgradig sehbehinderte Personen.

Hilfsmittel-Spende

Hilfsmittel sind wichtige Alltagshelfer für blinde Menschen.

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Informationsbeschaffung

Unsere Umgebung ist stark von Bildern, Leuchtreklamen, Fernsehern, Büchern, Zeitungen und dem Internet geprägt. Der Zugang zu all diesen optisch vermittelten Informationen ist für sehbehinderte und blinde Menschen ohne spezielle Hilfsmittel oder Techniken massiv eingeschränkt oder gar nicht möglich. Heute gibt es aber Möglichkeiten, diese weitgehend zugänglich zu machen. Einerseits handelt es sich um Verfahren, durch die sehbehinderte und blinde Menschen die optischen Informationen in einer zugänglichen Form wahrnehmen können (z.B. Bildschirmlesegerät, Brailletastatur, PC mit Sprachausgabe), oder es werden Aufbereitungsverfahren eingesetzt, die die Informationen in eine blindengerechte Form umwandeln (z.B. Bücher in Brailleschrift, Grossdruckbücher, Hörbücher). Trotzdem werden nicht alle optischen Informationen zugänglich. Ein Bild wird ein blinder Mensch nie sehen können. Mit "Hilfen", wie der Texthinterlegung bei Bildern auf Websites oder elektronischen Dokumenten, kann es aber verständlich gemacht werden.

Blindenschrift

Vor bald 200 Jahren entwickelte Louis Braille eine Schrift für Blinde, die so genannte Punktschrift. Die Punktschrift basiert auf 6 jeweils unterscheidlich angeordneten Punkten. So lassen sich alle Buchstaben des Alphabets sowie Satzzeichen darstellen. ie Punkte werden von hinten in Papier gepresst und können dann mit den Fingerspitzen ertastet werden. Sehende Personen können das Blindenschriftsystem im Selbststudium lernen. Für blinde Personen gibt es Einzelunterricht von spezifisch ausgebildeten Punktschrift-Lehrerinnen und Lehrern.

Blindenschrift-Alphabet

Digitale Helfer/-innen

Siri bei den Apple Smartphones und die Sprachausgaben der weiteren Anbieter sind Türöffner. Weit verbreitet ist das Hörbuchformat Daisy: Dabei werden Inhalte von Zeitschriften und Büchern aufgesprochen und auf CDs als Tonträger gebrannt und mittels Abspielgeräten per CD oder SD-Karte gehört. Daneben gibt es auch Bücher in Grossdruck oder ganz in Brailleschrift.

Auch einen Computer zu bedienen ist für blinde und sehbehinderte Menschen möglich: Der Inhalt des Bildschirms wird entweder auf eine speziellen Blindenschriftzeile übertragen oder mittels Sprachausgabe zugänglich gemacht. Die Eingabe erfolgt über die Tastatur. Ein so genanntes Bildschirmleseprogramm erlaubt es den blinden Personen, sich auf dem Bildschirm zu orientieren und die verschiedenen Anwendungsprogramme zu steuern. Mit einem Vorlesegerät können gedruckte Texte wie Broschüren, Briefe oder Buchseiten einfach vorgelesen werden.

Um den Zugang zu Internetseiten zu gewährleisten, müssen gewisse Regeln beim Webdesign beachtet werden, z.B. eine barrierefreie Programmierung. Besondere Beachtung muss dabei PDF-Dokumenten geschenkt werden. Unterstützung erhalten Webseiten-Programmierer bei der Stiftung Zugang für alle.

Für Personen mit eingeschränktem Sehvermögen reicht es oft, den Bildschirminhalt stark zu vergrössern, zu invertieren oder diese beiden Verstärkungstechniken zu kombinieren.

Fragen und Antworten